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Robert Weller
Content-Stratege, Buchautor und Dozent für Content Marketing.

Was ist guter Content? Wie du Qualität systematisch messbar machst.

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Content
Titelbild "Was ist guter Content?"

Entdecke den Business Value deines Contents.

„Sicherlich einer der inhaltlich wertvollsten Newsletter, die ich bisher erhalten habe.“

Andreas Hoffmann
Head of Marketing @ OmniCult

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Wie oft fragst du dich, ob dein Content gut ist? Oder zumindest gut genug?

Ich höre und lese diese Frage regelmäßig und es dauert nie lange, bis dann auch die Frage folgt, was guter Content denn eigentlich ist; was guten Content ausmacht.

Was würdest du antworten?

Bevor ich dir meine Antwort gebe, lass uns gedanklich den Kontext wechseln:

Stell dir vor, du begleitest eine Freundin zu einem 10-Kilometer-Lauf – sie läuft, du nicht. Nach knapp 56 Minuten scheinbaren Höllenqualen überquerte sie schließlich die Ziellinie.

War das jetzt gut oder nicht?

Klatschst du sie auf dem Boden liegend mit einem High Five ab, reichst ihr ein isotonisches Erfrischungsgetränk und lobpreist sie, bis sie endlich wieder stehen kann?

Oder schaust du sie unzufrieden an und fragst: Was war da denn los? Nicht dein Tag heute?

Du merkst: Um „gut“ zu definieren und eine Leistung zu bewerten, ist die Perspektive entscheidend.

Für wen war das gut, oder nicht? Was waren die Umstände?

Ist deine Freundin zufrieden mit ihrer Leistung? Welche Auswirkungen hatte der Wolkenbruch auf die Strecke und auf ihre Motivation? Hätte sie ihre neuen Schuhe doch besser einlaufen sollen?

Ohne Kontext ist die Frage „War das gut?“ praktisch wertlos.

Schnell stellt sich dann auch die Frage: Was war denn eigentlich ihr Ziel?

Um die Qualität bzw. Wirkung von Content zu bewerten, braucht es ein Ziel. Oder noch besser, einen Zielkorridor.

  • 10 Kilometer am Stück laufen? Erledigt! ✔️
  • In unter 60 Minuten ins Ziel kommen. Geschafft! ✔️
  • Höchstens zwei Tage Muskelkater haben. Bleibt abzuwarten. 😉

Erst damit können wir eine Aussage darüber treffen, ob die Leistung deiner Freundin – aus ihrer Sicht – gut ist.

Kommen wir zurück zu Content: Genau wie beim Laufbeispiel können wir auch hier erst dann von „gut“ sprechen, wenn wir den Kontext verstehen. Und genau wie beim Lauf müssen wir zwei entscheidende Aspekte klären, bevor wir überhaupt anfangen können zu bewerten:

  1. Wer bewertet deinen Content bzw. aus welcher Sicht bewertest du deinen Content?
    1. Du selbst bzw. dein Team (z. B. Wirkung)
    2. Deine Führungskraft (z. B. Investment)
    3. Marktbegleiter (z. B. Vergleich)
    4. Kund:innen (z. B. Nutzen)

Zum Beispiel könnte ein Whitepaper über neue Technologietrends …

  • vom CFO als zu teuer in der Produktion bewertet,
  • von der Zielgruppe als hochrelevant eingestuft,
  • vom Vertriebsteam als perfekter Türöffner gelobt, und
  • von Marktbegleitern als zu oberflächlich kritisiert werden.

Das ist vergleichbar mit der Frage, ob deine Freundin selbst mit ihrer Leistung zufrieden ist, oder ob sie sich beispielsweise an professionellen Läufer:innen misst oder ein Coach ihre Leistung beurteilt.

  1. Welches Ziel verfolgst du mit deinen Inhalten?
    1. Sollen deine Inhalte in den Top 3 der Suchergebnisse ranken? (SEO)
    2. Willst du dich über Content als Expert:in positionieren? (Marke)
    3. Ist es dein Ziel, Leads zu generieren? (Conversions)

Ähnlich war es beim Laufbeispiel: Ging es nur darum, durchzuhalten, oder war eine bestimmte Zeit das Ziel?

Während beim Laufen die Messung relativ einfach ist – Zeit, Distanz, Geschwindigkeit – ist die Bewertung von Content deutlich komplexer. Um die Qualität von Content wirklich zu verstehen und zu verbessern, müssen wir zwischen zwei grundlegenden Perspektiven unterscheiden:

  1. Ex ante: Wie bewerten wir Content-Ideen – bevor wir sie umsetzen?
  2. Ex post: Wie messen wir die tatsächliche Wirkung unserer Inhalte?

Diese Unterscheidung ist entscheidend, denn sie bestimmt nicht nur, wie wir Content bewerten, sondern auch, welche Kriterien dafür überhaupt sinnvoll sind.

1. Ex ante: Wie wir Content-Ideen bewerten, bevor wir sie umsetzen.

Die Qualität im Sinne der tatsächlichen Wirkung von Content können wir nicht im Voraus messen, die zu erwartende Wirkung hingegen schon. Wir bewerten also genau genommen eine Content-Idee bzw. deren Potenzial. Und das erfordert andere Kriterien, als sie typischerweise im Netz zu finden sind. Denn wenn ich die ersten zehn Google-Suchergebnisse von ChatGPT zusammenfassen lasse oder Perplexity frage, was guter Content ist, stoße ich immer auf dieselben Kriterien:

  • Relevanz und Mehrwert
  • Qualität und Tiefe
  • Authentizität und Glaubwürdigkeit
  • Exklusivität
  • Aktualität
  • User Experience (UX)
  • Dialogförderung
  • SEO-Optimierung (echt jetzt?! Wofür steht nochmal das O ist SEO?)

Diese Kriterien sind nicht falsch, sie sind nur zu unspezifisch ohne Kontext, um damit wirklich arbeiten zu können. Denn du verstehst unter den oben genannten Kriterien womöglich was gänzlich anderes, als ich.

Nehmen wir zum Beispiel „Relevanz“:

  • Für ein B2B-Unternehmen könnte Relevanz bedeuten, dass der Content konkrete Problemlösungen für spezifische Geschäftsprozesse bietet.
  • Für einen Lifestyle-Blog könnte Relevanz dagegen heißen, aktuelle Trends aufzugreifen und Leser:innen emotional anzusprechen.
  • Für ein Technologie-Startup könnte Relevanz bedeuten, komplexe Innovationen verständlich zu erklären.

Oder betrachten wir „Authentizität“:

  • Ein Corporate Blog benötigt eine andere Art von Authentizität als ein persönlicher Newsletter.
  • Was für die eine Zielgruppe authentisch wirkt, kann für eine andere künstlich erscheinen.

Diese generischen Kriterien werden erst dann nützlich, wenn wir sie in unserem spezifischen Kontext interpretieren.

Zu meinen Kriterien – ich nenne sie allerdings lieber Prinzipien – zählen unter anderem die folgenden. Alle diese Fragen muss ich mit einem eindeutigen Ja! beantworten, andernfalls werde ich eine Content-Idee depriorisieren.

  1. Do I really care? Ist es mir wirklich ein Anliegen, darüber zu schreiben (etwa weil es einen Business Impact verspricht oder ich weiß, dass es meine Zielgruppe interessiert)? Und habe ich das Know-how und die Erfahrung, um glaubhaft zu sein?
  2. Does it fit into the big picture? Passt die Idee ins Gesamtbild meiner Arbeit, sprich ergänzt es mein bestehendes Content-Portfolio? Das erkenne ich zum Beispiel daran, wie viele interne Verlinkungen offensichtlich sind.
  3. Is it timeless? Ist die Idee zeitlos, oder muss ich künftig mit Aufwänden für Updates rechnen?
  4. Can I test it? Wie kann ich diese Idee validieren, ohne sie vollumfänglich (was auch immer das zum jetzigen Zeitpunkt heißt) ausarbeiten zu müssen?

Dieser Artikel hat es beispielsweise an die Spitze meiner Liste geschafft, weil er mehrere meiner Ex-ante-Prinzipien erfüllt:

  • Die Frage nach gutem Content wird mir regelmäßig gestellt (Do I really care?),
  • ich bin fest davon überzeugt, hiermit eine zeitlose Antwort zu geben (Is this timeless?), und
  • er passt in mein Big Picture „Durch Content langfristig erfolgreich zu sein" (Does it fit the big picture?).

Eine andere Artikelidee über verschiedene Content-Analysen habe ich hingegen vorerst zurückgestellt. Nicht weil das Thema unwichtig ist, sondern weil ich die Idee noch nicht klar genug eingrenzen konnte: Welche Probleme adressiere ich? Wie mache ich die Erkenntnisse wirklich nutzbar? Welcher Kontext ist relevant?

Wie wichtig dieser Kontext ist, hast du ja inzwischen gelernt. ;)

So entwickelst du deinen eigenen Bewertungsrahmen für Content-Ideen.

Statt generische Kriterien zu übernehmen, empfehle ich dir einen dreistufigen Ansatz:

  1. Definiere deine Ausgangsbasis: Kläre zunächst die grundlegenden Fragen: Wer ist deine Zielgruppe? Welche Geschäftsziele verfolgst du? Welche Ressourcen und Kernkompetenzen hast du?
  2. Entwickle deine Kernfragen: Formuliere 3–5 zentrale Fragen, die du bei jeder Content-Idee stellst. Diese sollten sowohl strategische Aspekte (z. B. „Unterstützt dieser Content unsere Positionierung?") als auch praktische Überlegungen (z. B. „Können wir die Qualität gewährleisten?") abdecken.
  3. Teste und optimiere: Wende deinen Bewertungsrahmen auf bestehende Inhalte an und passe ihn basierend auf den Erkenntnissen an. Ein Bewertungsrahmen ist nie „fertig“ – er entwickelt sich mit deiner Content-Strategie weiter (siehe meinen Artikel zu Content-Testing).

Dieses Vorgehen ist sehr ähnlich zur Trainingsplanung beim Laufen: Sie gibt uns Orientierung und erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit. Doch erst der Wettkampf – oder in unserem Fall die tatsächliche Content-Performance nach der Veröffentlichung – zeigt, ob unsere Annahmen richtig waren.

Schauen wir uns also an, wie wir die tatsächliche Wirkung unserer Inhalte messen und daraus lernen können.

2. Ex post: Wie wir die tatsächliche Wirkung unseres Content messen.

Nach der Publikation von Content können wir dessen Wirkung anhand konkreter Daten messen. Aber Vorsicht: Nicht alles, was messbar ist, ist auch relevant. Die Kunst liegt darin, die richtigen Metriken und Methoden für unsere spezifischen Ziele zu wählen.

Wir können dabei zwischen quantitativen und qualitativen Daten unterscheiden:

  • Quantitative Metriken sind beispielsweise Rankings, Traffic, Conversion Rates oder die Anzahl generierter Leaders.
  • Qualitative Insights entstehen hingegen durch Befragungen, Interviews, Kommentare und Diskussionen in Social Media, aus internen Gesprächen (z. B. mit Service- oder Vertriebskolleg:innen) oder durch den Blick auf die Qualität der generierten Leads (Entwickeln sich diese auch zu Kund:innen?).

Ein Beispiel: Durch ein Peer Review, also gezieltes Feedback von ausgewählten Personen, habe ich bei einem Artikel prüfen können, ob die Kernaussage richtig verstanden wird. Wie sich herausstellte, enthielt der Artikel zu viele gedankliche Exkurse, die von der zentralen Botschaft ablenkten.

Das Prinzip, das ich daraus ableiten konnte, ist „Fokus: Eine konkrete Aussage pro Artikel“.

Das klingt jetzt zwar nicht wie eine Erleuchtung, muss aber auch erstmal validiert und verstanden werden. Denn woran erkennen wir beispielsweise, ob wir gedanklich abschweifen? Ich konnte das aus Kommentaren wie „du nutzt sehr viele Klammern und Gedankenstriche“ oder „nach dem dritten Beispiel bin ich schon ausgestiegen“ rauslesen. Auf diese Kriterien kann ich meine Artikel künftig prüfen!

Entscheidend ist dabei auch, dass wir nicht erst nach der Veröffentlichung über die Erfolgsmessungen nachdenken. Das ist leider ein Fehler, den ich immer wieder beobachten kann. Stattdessen sollten wir schon bei der Konzeption festlegen, wie wir die Wirkung von Content später messen wollen.

Folgende Fragen helfen dir dabei:

  • Welche konkreten Ziele verfolgen wir mit diesem Content?
  • Wie definieren wir Erfolg für diesen spezifischen Inhalt?
  • Welche Metriken sind dafür aussagekräftig?
  • In welchem Zeitraum erwarten wir Ergebnisse?

So können wir im Nachhinein das, was viele mit Content-Qualität meinen, viel besser definieren.

Wie du aus Daten Erfolgsprinzipien ableitest.

Noch mehr profitierst du von der Ex-post-Analyse, wenn du die Wirkung deiner Inhalte nicht nur misst („Mit diesem Webinar haben wir 254 Leads generiert.“), sondern daraus Erfolgsprinzipien ableitest.

Erkenne Muster anhand von Fragen wie:

  • Welche Formate (Webinar, Artikel etc.) funktionieren besonders gut?
  • Welche Themen erzeugen eine starke Resonanz bei unserer Zielgruppe?
  • Auf welcher Plattform erzielen wir die besten Ergebnisse?

Und überführe diese dann in die Konzeption:

  • Wie können wir erfolgreiche Elemente in künftige Content-Ideen integrieren?
  • Welche Anpassungen können wir an bestehendem Content vornehmen? (z. B. Formatanpassungen für andere Plattformen)
  • Wie optimieren wir unseren Content-Entwicklungsprozess?

Die Ex-Post-Analyse liefert uns somit wertvolle Daten für die Ex-ante-Bewertung künftiger Content-Ideen. So entsteht ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.

Fazit: „Was ist guter Content?” ist die falsche Frage. Auf die Wirkung kommt es an!

Die Frage nach gutem Content führt uns in die Irre, denn sie suggeriert, dass es universelle Qualitätskriterien gibt, die wir einfach abhaken können.

Die bessere Frage lautet: Wie entwickeln wir Content, mit dem wir unsere spezifischen Ziele erreichen?

Die Antwort darauf finden wir durch die systematische Kombination von Ex-ante- und Ex-post-Analyse, um daraus kontinuierlich zu lernen, was funktioniert und was nicht. Was „gut“ ist, definiert sich durch den Kontext:

  • Tiefe bezieht sich dann nicht zwangsläufig auf die Wortanzahl, sondern beispielsweise auf die Durchdringung der Zielgruppe.
  • SEO ist kein Selbstzweck, sondern ein möglicher Weg zum Ziel.
  • Glaubwürdigkeit entsteht nicht durch einzelne Inhalte, sondern durch konsistente Kommunikation.

Der Schlüssel zu erfolgreichem Content liegt letztlich nicht in der Erfüllung generischer Checklisten, sondern in der kontinuierlichen Entwicklung eigener, kontextspezifischer Qualitätsstandards.

Experimentiere, miss die Ergebnisse, lerne daraus – und definiere „gut“ für dich selbst.

VG Wort Zähler

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Robert Weller

Robert ist Autor des Bestsellers „Content Design“ (Hanser Verlag), unabhängiger Content-Stratege und Gründer dieses Magazins (ehem. „toushenne.de“). Daneben lehrt er Content-Marketing an der FH JOANNEUM sowie Content Design an der ZHAW. Mit über zehn Jahren Erfahrung aus dem Agenturgeschäft, E-Commerce- & SaaS-Unternehmen sowie zahlreichen Freelance-Projekten mit führenden Marken wie Adobe, Bike24 und contentbird, entwickelt er wirksame Strategien für die Optimierung des Content ROI.

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